Digitalisierung bringt den Unternehmen neue Chancen, neue Kontakte zu Kundenunternehmen zu knüpfen, sich über Produkte auszutauschen und Informationen zum Einkaufs- und Entscheidungsverhalten zu erlangen. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, zu erkennen, welche Aspekte der Digitalisierung für das eigene Geschäftsmodell förderlich sind und welche es in Gefahr bringen. Weil eine gewisse Unsicherheit besteht, was genau für die Zukunft von Bedeutung sein kann, ist die Gefahr zu viel zu tun, weil das Unternehmen nicht zurückbleiben will, genau so groß, wie auch zu wenig zu tun. Um im digitalen Geschäft im Spiel zu bleiben und diese Potenziale zu heben, müssen Anbieter von Industriegütern und Softwaresystemen Wege finden, digitale Kanäle sinnvoll in ihr eigenes Vertriebssystem zu integrieren. Wie die Studie von Roland Berger gezeigt hat, ist bereits durch alleinigen Einsatz von Tablets im Vertrieb, mit Zugriff auf Produktportfolio und Kundendaten, der Gesamtwert der Verkäufe in sechs Monaten um 69% gestiegen.
Die Digitalisierung bringt vier Trends, auf die sich Vertriebsorganisationen ausrichten sollen. Das erste betrifft die Informationsbeschaffung. Im Zeitalter des Internets und der Smartphones haben die Menschen sich daran gewöhnt, dass Informationen kostenlos sofort und überall verfügbar sind. Das Internet bietet die Informationen im Überfluss, mehr als ein Mensch verarbeiten kann. Informationen wirken als Motor für die Interessen des Kunden. Wenn sich ein Kunde für ein Thema interessiert, wird er als erstes danach recherchieren. Im Umkehrschluss bedeutet es für den Vertrieb, dass der Beziehungsaufbau über sein Interesse gesteuert wird.
An dieser Stelle braucht die Organisation aktive Präsenz in allen, für die Zielgruppe wesentlichen digitalen Informationskanälen, zusätzlich zur eigenen Webseite. Dazu zählen die unterschiedlichen Online-Communities in sozialen Netzwerken wie zum Beispiel Xing oder LinkedIn, wo sich die Experten zu den fachspezifischen Themen austauschen. Dort kann sich das Unternehmen bereits als sachkundiger Experte etablieren und wird somit als der Produktexperte für den Anwender sichtbar und bekommt die Chance einen größeren Kreis Interessierter zu erreichen als nur den Ansprechpartner vom technischen Einkauf. Damit erlangt den Anbieter einen gewissen Bekanntheitsgrad und bringt ihm wichtige Sympathiepunkte, wenn dieser es dann auch schafft, die für den Kunden relevanten Informationen zu bieten. Die Sympathie ist ein bedeutsamer Grundstein für eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung. Eine überzeugende Social-Media-Strategie ermöglicht nicht nur Fans, sondern auch Freunde zu gewinnen und damit auch die Aufmerksamkeit der weiteren potenziellen Kunden zu wecken. Das alles bringt nicht immer einen direkten Erfolg, ist aber ein wichtiges Kundenerwerbs- und Ansprechformat. Ein Empfehlungsmarketing bewirkt zusätzlich ein positives Unternehmensimage und ist damit erfolgsfördernd.
Die zweite Auswirkung der Digitalisierung betrifft die Kundenkommunikation. Computer und Smartphone haben die Arbeitsweise massiv beeinflusst. Messenger und Chartfunktionen ermöglichen eine asynchrone Kommunikation, die es jederzeit möglich macht Textnachrichten, Videobotschaften oder Sprachnachrichten zu versenden und auf diesem Weg auch eine Antwort zu erhalten. Im Vertrieb ist es wichtig die optimalen Voraussetzungen zu schaffen, diese Kommunikationstools in der Vertriebsarbeit zu nutzen, um somit dem Kunden das Senden der Botschaften digital zu ermöglichen, worauf er eine verbindliche Antwort erwarten kann.
Der weitere Trend der Digitalisierung betrifft die Veränderung der sozialen Gewohnheiten. Alles wird schneller und kurzfristiger und damit flexibler und unverbindlicher. Es betrifft sowohl die Anforderung einen kurzfristigen Termin wahrzunehmen als auch die der kurzfristigen Absage einer langen zuvor geplanten Veranstaltung. Dadurch entstehen immer kürzere Fristen und Terminverschiebungen. Somit wird es immer wichtiger zu verstehen, wie mit dem Kunden eine verbindliche Vereinbarung getroffen werden kann.
Der Trend Nummer vier ist die Datennutzung. Diese ermöglicht die Bedürfnisse und Interesse der Kunden besser zu identifizieren. Zukünftig ist es für Unternehmen von wesentlicher Bedeutung Informationen bestmöglich zu erfassen, auszuwerten und nutzen zu können. Der Anbieter, der den Kunden am besten kennt, hat zwar die besten Voraussetzungen, muss diese erst aktiv nutzen können, indem er fortlaufend, darauf basierende, individuell passende Angebote entwickelt. Zum Beispiel mit IP-Tracking können alle professionellen Besucher eigener Webseiten identifizieren werden. Die Analyse des Klickverhaltens und der Seitenaufrufe bringt eine Erkenntnis über die Themen, die den Kunden interessieren. Weil die Herkunft des Besuchers über einen Verweis (Refer) mit übertragen wird, ermöglicht es Rückschlüsse über den Kanal zu ziehen, über den ein Nutzer auf die Webseite gelangt ist und damit die Gewichtung von diesem Kanal für weitere Aktivitäten.
In Zeiten der Digitalisierung wird zukünftig ein Teil der Verkaufsabschlüsse ohne einen persönlichen Verkauf stattfinden. Das betrifft vor allem die wenig erklärungsbedürftigen Produkte und Dienstleistungen. Im Falle der erklärungsbedürftigen Produkte und Dienstleistungen wird der persönliche Vertrieb weiterhin gebraucht und auch um einiges anspruchsvoller werden. Die digitalen Kanäle bringen neue Möglichkeiten, um Zielgruppen einfacher und präziser anzusprechen, Neukunden zu gewinnen und insgesamt die Vertriebsumsätze zu steigern. Somit stellt die Digitalisierung im Vertrieb die Grundlage für künftige Wettbewerbsvorteile.
Quellenangabe:
Zurpancic, Dirk (2019): Sales Drive. Wie Sie durch konsequente Vertriebsorientierung im Wettbewerb gewinnen.
Heinrich, Stephan (2020): AkquiseB2B. Neukundengewinnung im digitalen Zeitalter, Wiesbaden.
Buhr, Andreas/Simon, Hermann (2017): Vertrieb geht heute anders. Wie Sie den Kunden 3.0® begeistern, 7. Aufl., Offenbach.
ROLAND BERGER GMBH (o.J.): THINK ACT. Die digitale Zukunft des B2B-Vertriebs, URL: https://www.rolandberger.com/publications/publication_pdf/die_digitale_zukunft_des_b2b_vertriebs.pdf
Naujokat, Torben (o.J.): Führungsmethoden: Die zentralen „Management by“ Konzepte im Überblick, URL: https://www.modu-learn.de/verstehen/personal-fuehrung/management-by-konzepte/
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